​Covid-19 greift nicht nur die Lunge, sondern auch das Herz an​!

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Bisher stehen bei Covid-19 vor allem die Atemwegs- und Lungensymptome im Vordergrund, doch das Coronavirus Sars-CoV-2 greift offenbar auch das Herz an, wie mehrere Studien nahelegen.

​Covid-19 greift nicht nur die Lunge, sondern auch das Herz an​.

Weil das Coronavirus Sars-CoV-2 erst vor kurzem auf den Menschen übergesprungen ist, lernen Virologen und Mediziner erst im Verlauf der aktuellen Pandemie mehr über sein Verhalten und die medizinischen Folgen der Infektion. Klar scheint allerdings inzwischen, dass ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bestimmten Krebserkrankungen oder Störungen der Hirndurchblutung ein höheres Risiko für schwere Verläufe haben und auch häufiger an Covid-19 sterben. Bei den meisten dieser Patienten entwickelt sich eine schwere Lungenentzündung, die dann letztlich zu Atemnot und dem Tod führt.

Hinweise auf akute Herzmuskelschäden

Doch es gibt inzwischen auch Hinweise darauf, dass die Covid-Erkrankung akute Schädigungen des Herzmuskels hervorrufen kann. In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass bei Patienten mit schweren Verläufen der Coronavirus-Infektion oft ein Biomarker im Blut erhöht war, der von zerstörten und sterbenden Herzmuskelzellen freigesetzt wird.


Mediziner werten dies als Hinweis darauf, dass die Virusinfektion auch das Herz angreift – auf welchem Wege, ist allerdings noch unbekannt. Theoretisch könnte das Virus selbst zu diesen Schäden beitragen, möglich und durchaus wahrscheinlich ist aber auch, dass die von der Infektion ausgelösten entzündlichen Prozesse und Immunreaktionen für diese Schäden verantwortlich sind.


Auch von Viren, die mit dem aktuellen Coronavirus Sars-CoV-2 eng verwandt sind, wie Sars-CoV und Mers-CoV, sind Fälle bekannt, in denen akute Herzschädigungen auftraten. Bei der Sars-Epidemie im Jahr 2003 hatte eine Studie mit 75 Sars-Patienten festgestellt, dass bei zwei von fünf an der Erkrankung gestorbenen ein akuter Herzinfarkt vorlag. Auch Herzrhythmusstörungen traten auf, wie Mohammad Madjid von der University of Texas, Autor einer Überblicksstudie im Fachmagazin "JAMA Cardiology" zu diesem Thema berichtet.


In einer Studie aus Italien berichten Forscher um Riccardo Inciardi von der Universität Brescia von dem Fall einer gesunden 53-jährigen Frau, die sich mit Sars-CoV-2 infiziert hatte und zunächst die klassischen Symptome trockener Husten und Fieber entwickelte. Etwa eine Woche nach Beginn der Symptome entwickelte sich bei ihr eine starke Erschöpfung mit Kreislaufproblemen, die so ausgeprägt war, dass sie ins Krankenhaus ging. Dort wurde sie positiv auf Covid getestet und in die Kardiologie überwiesen.

Untersuchungen enthüllten dort, dass die Patienten deutliche Anzeichen einer akuten Myocarditis zeigte – einer Herzmuskelentzündung. "Dieser Fall unterstreicht, dass das Herz als Komplikation von Covid-19 betroffen sein kann - und das selbst ohne klare Symptome und ohne eine Lungenentzündung", berichten Inciardi und seine Kollegen. Ähnlich sieht es auch Madjid: "Es ist wahrscheinlich, dass der Herzmuskel selbst in Abwesenheit einer vorhergehenden Herzerkrankung durch das Coronavirus und die von ihm ausgelöste Krankheit beeinträchtigt wird."

Ein Weckruf

Damit scheint sich anzudeuten, dass die Covid-Erkrankung nicht allein respiratorische Symptome und die mit der Infektion verbundenen Entzündungsreaktionen hervorruft, sondern auch das Herz angreifen kann. Aktuelle Studien aus China belegen, dass sich in diesem Fall das Sterberisiko der Patienten deutlich erhöht.

So berichtet ein Team um Shaobo Shi von der Universität Wuhan auf Basis von 416 Patienten, dass bei knapp 20 Prozent dieser Patienten Belege für myokardiale Schäden vorlagen. Die davon Betroffenen hatten ein signifikant höheres Risiko an Covid-19 zu sterben – bei ihnen waren es die Hälfte, während von den Patienten ohne erhöhte Troponin-Werte und andere Belege für Herzmuskelschäden nur 4,5 Prozent starben. Eine weitere Studie mit 187 Patienten ergab Ähnliches: Sie ermittelte eine Mortalität von 59,6 Prozent bei Personen mit Indikatoren auf Herzmuskelschäden, von denjenigen mit normalen Troponin-Spiegeln im Blut starben 8,9 Prozent.

"Bemerkenswert ist, dass zwar die höchsten Mortalitätsraten bei den Patienten beobachtet wurden, die hohe Troponin-Werte und kardiovaskuläre Vorerkrankungen hatten", schreibt Robert Bonow von der Northwestern University in einem begleitenden Editorial in "JAMA Cardiology". "Aber die Mortalitätsraten war auch bei denen erheblich, die erhöhte Troponinwerte ohne solche Vorerkrankungen hatten." Noch ist zwar nicht klar, welche konkreten Mechanismen und Zusammenhänge hinter diesem Effekt stehen. "Aber der Weckruf ist erschallt", sagt Bonow.


Quellen:

  • Mohammad Madjid et al., JAMA Cardiology, doi: 10.1001/jamacardio.2020.1286
  • Riccardo Inciardi et al., doi: 10.1001/jamacardio.2020.1096
  • Shaobo Shi et al., doi:10.1001/jamacardio.2020.0950
  • Bonow et al., JAMA Cardiology, doi: 10.1001/jamacardio.2020.1105